2. SONNTAG NACH WEIHNACHTEN

4. Januar 2015

Lesung: Joh 1,1-14

Worte können etwas bewirken. In unserer Zeit gibt es zwar eine Inflation von Worten, viel Gerede, aber trotzdem kann ein Wort einiges an Gefühlen und Taten entfesseln. Ein einzelnes Wort kann zutiefst berühren und aufwühlen. Ein Wort kann Menschen in Bewegung setzen.

Gott hat gesprochen. Sein Wort hat eine ungeheure Wirkungskraft. „Gott sprach, und es geschah.“ „Durch das Wort ist alles entstanden.“ Mit diesem Wort beginnt die Wirklichkeit, die wir heute wahrnehmen. Diese Wirklichkeit ist schwindelerregend groß.

Überlegen wir nur kurz Folgendes: Wir Menschen leben auf dem Planeten Erde. Dieser Planet ist ein kleiner Teil unseres Sonnensystems, das seinerseits eher am Rand einer Galaxie angesiedelt ist, die wir Milchstraße nennen. Aber auch diese Milchstraße ist gleichsam nur ein Stäubchen im Universum, wo es Milliarden von Galaxien gibt. Und zwischen diesen Galaxien gähnen Abstände und Abgründe scheinbar ohne Ende. Und die Wissenschaftler sagen uns, dass das Weltall, in dem wir leben, mit rasender Geschwindigkeit immer weiter auseinander- fliegt, dass also die Abstände und Abgründe immer unendlicher werden, die Löcher immer tiefer, die Finsternis immer gähnender. Die Distanzen sind für uns nicht mehr vorstellbar. Man rechnet nicht mit Kilometern, sondern mit Lichtjahren. Aber ein Lichtjahr ist die Distanz, die das Licht, mit einer Geschwindigkeit von 300.000 km in der Sekunde, in einem Jahr zurücklegt. Und die Sterne und Galaxien sind Millionen und Milliarden Lichtjahre voneinander entfernt. Unser Weltall ist so groß, dass auch die Instrumente modernster Wissenschaft es nicht auszumessen vermögen. Es ist so gewaltig, dass wir es mit unserer ganzen Vorstellungskraft nicht einholen können.

Wir wissen auch, dass es unseren Heimatplaneten, die Erde, seit viereinhalb Milliarden Jahren gibt. Mit mehr als 10.000 Stunden-kilometern rast diese Erde um die Sonne. Mit unserer Sonne im Mittelpunkt bewegen wir uns in einem unvorstellbar großen System von Sternen durch ein kaltes und finsteres Weltall.

Auf unserer Erde gibt es seit mehr als drei Milliarden Jahren Leben. Möglicherweise gibt es auch auf anderen Planeten Spuren von Leben, doch scheint Leben in diesem Weltall offenbar äußerst selten zu sein. Auf unserer Erde hat sich das Leben in einer großen Vielfalt entwickelt, bis es schließlich auch uns Menschen gibt. Aber das erst seit 200.000 Jahren. Sind wir nicht kaum mehr als ein Nichts?

Und jetzt sagt das Evangelium von Johannes: Jener Gott, der all dies - nur durch sein Wort - ins Leben gerufen hat, der also noch gewaltiger, noch unvorstellbarer sein muss als das ganze Weltall, dieser hat zu uns gesprochen! Ist das nicht wirklich verrückt? Dieser Gott ist uns nicht fern. Er ist nicht irgendwo hinter den Lichtjahre entfernten Sternen verborgen, sondern er ist uns ganz nahe. Er hat uns angesprochen, in und durch den Menschen, Jesus von Nazareth. „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ In Jesus hat Gott sich ausgesprochen, sich für uns verständlich gemacht. Er überlässt das Weltall nicht sich selbst, er hat ein Auge auf uns. Wir bedeuten ihm etwas, er lässt uns nicht ins Nichts fallen.

Das verändert unsere Lebenssituation total. Wir Menschen sind keine erbärmlichen Winzlinge. Wir sind kein verlorener Haufen, der ziellos im Universum herumirrt und einem blinden Schicksal ausgeliefert ist. Nein: wir Menschen sind geschaffen und gehalten von dem, den wir Gott nennen.

Mit Jesus von Nazaret kam etwas ganz Neues in die Welt, etwas noch nie Dagewesenes. Die Menschen, die Jesus begegnen, spüren: Da ist einer, der redet von Gott, wie noch niemand vor ihm. Was er sagt und tut, ist so ganz anders als alles, was sonst in der Welt gilt. Gottes bedingungslose Liebe zu seinen Geschöpfen ist zum Greifen nahe in diesem Menschen aus Fleisch und Blut! Wer Jesus begegnet, wird tief berührt. Immer verändern sich Menschen durch ihn.

Wir sind nicht zufällig entstanden, wir sind „aus Gott geboren“, von Gott schon immer gedacht und gewollt. Wir sind nicht flüchtige Bewohner der Erde, wir sind Kinder Gottes. In Jesus kommt Gott auf uns zu, er begegnet uns auf Augenhöhe, er spricht unsere Sprache, damit wir ihn verstehen. So viel liegt ihm an uns. Wir kommen aus dem Staunen und Nachdenken nicht heraus.

Möge Gott die Augen unserer Herzen erleuchten, damit wir ihn erkennen. Möge er uns Weisheit schenken, damit wir verstehen, wie wertvoll wir sind und zu welcher Hoffnung wir berufen sind!

Zum Archiv